Die Tageszeitung Rheinpfalz unterhält mit „Nils Nager“ ein Format, in dem neben allerlei Alltäglichem auch Freizeitmöglichkeiten und insbesondere auch Berufbilder leicht verständlich vorgestellt werden. Am 12. März 2022 ist mit dem Titel „Das Sterben gehört zum Leben“ das Portrait eines Bestattungshauses veröffentlicht worden.
Das Sterben gehört zum Leben: Nils Nager unterwegs: Bestatter bringen unsere Verstorbenen an ihre „letzte Ruhestätte“
Mit Oma Nagute und Nals bin ich heute in Kusel unterwegs. „Schaut mal, was die beiden da vorne machen“, ruft mein vorlauter kleiner Bruder. Ein Mann und ein Junge heben einen kleinen Sarg aus einem großen schwarzen Auto. In den stattlichen Wagen kann man nicht reinsehen, weil eine weiße Gardinentafel mit eingearbeiteten Sonnenstrahlen die Sicht versperrt. Das ist ja ein seltsames Gefährt!
„Geht weiter, Kinder, das ist ein Leichenwagen“, will uns Oma schnell weiterschieben, aber Nals hat sich wohl schon mit Noah angefreundet: Die beiden plappern bereits munter miteinander. Bei dem Kindersarg handle es sich nur um ein Musterstück für die Ausstellung im Laden, höre ich Noah sagen. Sein Vater ist Bestatter hier in Kusel, aber auch in den nahegelegenen Ortschaften Glan-Münchweiler und Sankt Julian. Er selbst geht in Schönenberg-Kübelberg in die zweite Klasse, hilft aber immer wieder gern in dem Bestattungsinstitut – so nämlich sagt man zu Geschäften wie denen seines Vaters.
„Oma, genierst du dich oder warum wolltest du grad so schnell weiter?“, fragt Nals gewohnt frei raus. Die winkt nur ab und schüttelt den Kopf. Noahs Vater – Daniel Keil heißt er – nickt und antwortet für sie: „Ach weißt du, das Sterben und der Abschied von unseren Lieben gehören zwar ganz fest zum Leben dazu, aber viele sind unsicher, wie sie damit umgehen sollen, oder schieben das Thema einfach weg.“
Daniel versucht das zu ändern, wie er uns erzählt, und will den Umgang mit dem Tod und den sterblichen Überresten aus dem Schattendasein etwas weiter ins Licht rücken. „Wenn jemand stirbt, dann ist das immer traurig und schlimm“, sagt er. „Aber wenn man weiß, was danach passiert und kein Tabu daraus macht, kann das immerhin etwas den Schrecken nehmen.“ Vater und Sohn laden uns zu sich ein und wir gehen mit in den Ausstellungsraum.
Wir sitzen an einem kleinen Tisch, auf dem einige Broschüren liegen. Daniel erzählt uns, dass es Bestattungen schon so lange gibt wie die Menschheit selbst und man schon immer sehr würdevoll mit den Verstorbenen umgegangen ist. Na ja, nur die Art und Weise hat sich über die Jahrhunderte natürlich geändert. Er berichtet uns von uralten Höhlengräbern, von den ägyptischen Pyramiden und Verbrennungen der Toten auf großen Scheiterhaufen.
„Das alles aber ist Schnee von gestern, heute gibt es vor allem Erd- und Feuerbestattungen“, berichtet Daniel. „Wenn Verstorbene nicht schon zu Lebzeiten festgelegt haben, was nach ihrem Tod mit ihnen passieren soll, dann entscheiden das die Angehörigen für sie.“ Bei Gläubigen, schickt er hinterher, spricht auch ihre Religion ein Wörtchen mit. „Unsere Aufgabe ist es, den Trauernden einen würdigen Abschied zu ermöglichen und die Verstorbenen, wie man sagt, an ihre letzte Ruhestätte zu bringen.“
Um uns herum stehen Mustersärge, darunter auch einer zum Selbstbemalen, auf dem bunte Herzen, ein Regenbogen und Bienchen zu sehen sind. „Den habe ich ganz alleine angemalt“, ruft Noah stolz. Nals läuft neugierig zu einem Regal hinüber mit – wie er vermutet – allerlei Blumenvasen und Deckelchen drauf. „Das sind doch Urnen, mein kleines Dummerchen“, lacht Oma Nagute. „Da kommt die Asche der Verstorbenen rein. Die bleibt übrig, wenn man sie verbrennt.“ Das bestätigt Daniel und fügt an, dass die Urne wie ein Sarg auf dem Friedhof beerdigt werden kann oder auch in einem Ruheforst. Und außerdem gäbe es auch Seebestattungen, wo speziell dafür vorgesehene Urnen ins Wasser gelassen werden.
„Wo liegen denn die Toten, bevor ihr sie vergrabt oder verbrennt – unten im Keller?“ Nals schaut mit großen Augen zur Kellertür. Daniel verneint vehement und erklärt uns, dass er die Leichname nur, wie es heißt, überführt. Dafür steht der große Wagen vor der Tür. Entweder fährt er sie zum Einäschern ins Krematorium („cremare“ ist Lateinisch und heißt „verbrennen“) oder in spezielle Räume auf dem Friedhof, von wo sie später zur Trauerfeier in die Aussegnungshalle und dann zur Grabstätte kommen. Für die Beisetzung im Sarg werden die Verstorbenen aber zuerst noch vom Bestatter gewaschen, frisiert, manchmal auch rasiert und geschminkt. Sie werden schick angezogen und im Sarg mit Kissen und Decken „gebettet“, als wolle man es ihnen schön gemütlich machen.
Aber das ist bei Weitem nicht alles. Daniel kümmert sich für die Angehörigen auch um die notwendigen Behördengänge und die Traueranzeigen in der Zeitung, er plant die Trauerfeier mit Rednern, Musik und Dekoration. Und auch an der Grabstätte selbst gibt es einiges für ihn zu arrangieren – vom Aushub des Grabfelds über das Anbringen von Grabstein, Kreuz oder Tafel mit den Daten des Verstorbenen bis hin zum Blumenschmuck und Blütenblättern für den Abschied am offenen Grab.
„Und beerdigst du auch Biber?“, will Nals wissen. Das zwar nicht, entgegnet ihm Daniel, dafür wären die Tierbestatter zuständig. Und wie für die Menschen auch gibt es Tierkrematorien und Tierfriedhöfe.